Hinflug

Veröffentlicht auf von Nadja + Reinhard

04. Mai Hinflug -Ray-

Nach einer kurzen Nacht wurde zum Frühstück der Kühlschrank entrümpelt und abgeschaltet. Kurz nach halb elf gab es nichts mehr zu tun, nur warten. Nach einer langen halben Stunde fuhr unser Flughafentransfer vor, Timmy brachte uns schnell und komfortabel direkt bis zum Terminal. Und wie wir gerade am Ticketschalter stehen, werden wir hinterrücks von Joachim und Melanie überrascht. Die beiden haben sich heute frei genommen und sind mal eben die 120 Km herangebraust, um uns zu verabschieden.
Unser Inselhopper nach London war eine gut ausgestattete Maschine mit Ledersitzen, nettem Personal, die Sicht war toll und auch der Imbiss hatte geschmeckt. In Heathrow gelandet, ging es unweigerlich zur Sicherheitskontrolle. Schlange stehen, Schuhe aus, Gürtel runter, u.s.w. Trotz der vielen Checkpoints hatte die Veranstaltung immer noch etwas chaotisches an sich. Hinter der Schleuse erwarteten uns über zwei Stunden Aufenthalt. Das Terminal schien nagelneu, die alten Muffhallen wurden auch nicht wirklich vermisst. Die Duty-free-Angebote bezogen sich auf Londoner Preise und waren entsprechend überteuert. Großzügig leisteten wir uns eine lüdde Flasche Coke. Mit der U-Bahn glitten wir zur Abflughalle und platzten auf den Wartesesseln nieder.

Pünklich verschlang uns eine 747 mit so vielen weiteren Passagieren, daß die Kiste bis zum letzten Platz voll war. Da wir bis heute Morgen keine Platzreservierung machen konnten, ergatterten wir lediglich zwei Plätze in der hinteren Mitte. Schon beim Hineinzwängen in die enge Reihe wurde uns der Unterschied zu anderen Airlines bewusst. So eine zusammengepferchte Unterbringung hatten wir nicht erwartet. Das Handgepäck sollte entweder in der übervollen Ablage nach oben, oder unter dem Vordersitz verstaut werden. Genau dort unten war aber eine fette Sitzstrebe und schon saß der Reinhard halb im Schneidersitz. Vor Nadja trohnte ein Riese und der stellte so bald es möglich war seine Lehne ganz nach hinten. Wo wir gerade von hinten sprechen, von da hatte man dauernd rubbelige Massagen zu spüren bekommen. Ein Gin-Tonic und ein Weißwein beruhigte den ersten Eindruck etwas und man konnte sich dem Entertainment widmen. Im Vordersitz eingebaut war auf Nasenhöhe ein Display und man hatte eine reichhaltige Auswahl an schlechten Filmen (bzw gerade erst gesehenen),ausserdem viel Musik. Für Beschäftigung war gesorgt, dann kam das Essen. Lasagne mit Rind oder Huhn Toscana, beide Gerichte inklusive Beilagen durchaus genießbar. Das Essen über 10 000 Meter ist in den letzten Jahren also deutlich besser geworden und Getränke gab es ebenfalls reichlich. Doch an Schlaf war nicht zu denken. Bei jeder  Bewegung schubberte man seine Nachbarn oder wurde geschubst von allen Seiten. Nicht mal wegdösen konnte man. Hätten wir das geahnt, währen wir ohne Zögern bereit gewesen, den Aufpreis für die nächst bessere Klasse zu zahlen. Da hat man zumindest eine Fußablage und ein Minimum an persönlichem Freiraum.

Nach nur neun Stunden Zwangshaltung konnten wir es kaum erwarten, die Flughafengänge entlangzulaufen und Treppen zu Fuß zu ersteigen. Völlig problemlos kamen wir durch die Kontrollen und das Gepäck erhielten wir als hätten wir es gerade erst abgegeben. An der Info liessen wir uns die Busverbindung zum Hostel erklären und suchten dann die richtige Haltestelle. Von hier aus musste jeder sein Gepäck tragen und wir hatten nicht an Kilos gespart. Reinhard wog jetzt mit Klamotten fast 120 KG und hatte ein Volumen von 2.0 m³, was den Einstieg in den Bus nicht sehr einfach gestaltete. Und Nadja sah genauso aus. Wir bewegten uns so grazil wie zwei überladene Alpakas, die gerade in eine enge Felsspalte gefallen waren. Beim Umsteigen lernten wir noch einen Londoner und einen Vancouveraner kennen, die halfen uns den richtigen Anschluss zu finden. Einen Block vom Hostel entfernt purzelten wir aus dem Bus und schleppten unsere Habe die Straße entlang. Irgend etwas verriet uns als Auswärtige, wir wurden mehr als einmal von fremden Leuten in Kanada willkommen geheissen. In der Herberge nahmen wir unser einfaches Zimmer in Beschlag, das lag in diesem historischen Backsteingebäude natürlich am Ende des Ganges vom obersten Treppenabsatz. Wir hatten es gut getroffen, weit entfernt von der Bar im Erdgeschoss, über uns wohnte niemand und draußen begann es zu regnen. Nadja ging duschen und Reinhard fiel tot auf das Bett. Später gab es noch eine Nudelsuppe von 7/11, dann war der 31 Stundentag alle.
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