Lighthouse Park

Veröffentlicht auf von Nadja + Reinhard

06. Mai Lighthouse Park -Ray-

Für diesen Tag hatten wir uns viel vorgenommen. Wir wollten die Stadt erkunden und alles sehen, anfassen, in den Mund stecken. Will sagen, hier ist an jeder Ecke richtig gutes Essen für jeden Geschmack zu haben. Unser Reiseführer empfahl "The Templeton", ein original eingerichtetes Diner der 50'ger Jahre. Nicht so ein chromglänzendes Fahr-rein, sondern ein gemütlicher Schlauch mit Sitzbuchten und einer langen Theke. Da keine Ledercouchen frei waren, setzten wir uns an die Theke und bekamen einen richtig frischen Kaffee ausgeschenkt. Reinhard bestellte ein BLT (Bacon Lettuce Tomato Sandwich) mit Knoblauch-Kartoffelbrei, Nadja nahm den Räucherlachs im Omelette mit Rosmarinkartoffeln und dazu Fruchtsalat. Während des Wartens blieb genug Zeit, sich in Ruhe umzuschauen. Da hingen kleine Mini-Wurlitzer über jedem Tisch, zum Glück wurde der Raum nur zentral mit passender Musik berieselt. Viele Details, wie Kaffeemühle oder Schubladengriffe fügten sich zu einem originellen Gesamtbild zusammen. Dann kam das Essen. Zum Glück hatten wir heute ausgeschlafen und die üppigen Portionen gingen als Mittagessen durch. Ich muss schon sagen, das war schmackoschnalzmitderzunge gut.

Prall gefüllt drängte es uns nach Bewegung. Darum wälzten wir die Straße hinunter zum Fähranleger und kauften jeder ein Tagesticket für Vancouvers fabelhaftes Transportnetz. Für ca 6 Euronen darf man mit dem Bus die gesamte Metropole und deren Außenbezirke durchkreuzen. In Deutschland wäre das von Hamburg bis an die Ostaee. Dann darf man den Seabus benutzen, eine Fußgängerfähre über die Bucht nach Nordvancouver. Da kann sich die teuerste Fähre Europas in Travemünde mal anpassen. Außerdem steht der Sky-Train zur Verfügung, eine Monorail die so effizient arbeitet wie eine U-Bahn.
Wir begannen mit dem Seabus und fuhren in die Nordstadt. Gute Güte, ist das ein nobles Pflaster. Hier lebt, wer das Kleingeld für europäische Limousinen hat. Nicht übertrieben protzig, aber gut im Futter. Dafür waren wir aber nicht über die Bucht geschwommen, das gibt es auch im alten Europa. Wir stiegen auf den Landbus um und fuhren eine halbe Stunde die Küste herauf.
Dort liegt der Lighthouse Park, ein landschaftliches Juwel in stadtnähe. Das Wetter zeigte sich dramatisch bedeckt, aber trocken. Schöne, alte Riesenzedern stehen überall neben schönen, alten Riesendouglasien. Dazwischen ragen bleiche Felsbuckel aus dem moosbedeckten Boden. Überall liegt Totholz herum, in anmutigem Verfall sich selbst überlassen. Dazwischen gibt es gut ausgebaute Wanderwege und ein paar markierte Trampelpfade. Ein gutes Training für die folgenden Reisepläne. Andere Parkbesucher gab es auch, meist mit Hunden und alle sahen unheimlich gesund und fit aus. Zwei ältere Damen querten des öfteren unseren Weg, natürlich grüßt man sich hier immer freundlich.
Rund um den Leuchtturm gibt es einen felsigen Küstenstreifen, zusammen mit den Wolken und den verknorksten Bäumen ein bizarres Panorama. Wir pausierten gerade, da sahen wir ein Rudel Seevögel auf dem Wasser sitzen, dichtgedrängt zu einem runden Teppich. Die schwarzen Seevögel saßen offensichtlich auf einem Schwarm Fische und hackten wild im Wasser herum. Dann löste sich der Flokati und bildete unregelmäßige Kreisformationen um die veerbliebenen Fischgründe. Etwas später trafen wir wieder auf die beiden Damen und mir wurde erklärt, daß es sich bei den Vögeln um Surf scoter handelte. Das sind schwarze Seevögel, mit rotem Schnabel und je einem weißen Fleck auf Stirn und Nacken. ir wanderten weiter durch den Park und als wir den Eingang erreichten, war es schon nach 17 Uhr. Den Stadtbummel hatten wir wohl verpasst und gegen tolle Aussichten eingetauscht.

An der Bushaltestelle gab es keinen Fahrplan, uns blieb nur die Hoffnung auf einen Bus irgendwann. Ein kleiner weißer Suzuki Swift hielt an, drinnen die beiden Damen aus dem Park. Sie boten uns eine Mitfahrgelegenheit an und schon waren wir auf dem Hecksofa in Maryann's und Dawn's Talkshow. Beides Grundschullehrerinnen, die hier in der Gegend aufgewachsen sind. Maryanns Vorfahren waren irische Siedler der ersten Generation. Dawn's Urverwandte kamen auch sehr lange bevor die Brücke über die Bucht gebaut worden ist. Sie lebt heute mit ihrem Mann weiter im Norden von B.C. und wir wurden zu einem Besuch ins Nass Valley eingeladen.
Bei der Park Royal Mall stiegen wir aus und suchten einen Pott Kaffee. In einem kleinen Coffeeshop fanden wir dann auch einen Pott Plörre, ich dachte schon fast, es gibt keinen schlechten Kaffee mehr in Kanada. Dann griffen wir den nächsten Bus zurück ins Zentrum. Wir wollten bei der Gelegenheit die Lions-Gate-Bridge sehen, aber der Bus war picke-packe-voll und es fing an zu regnen.

In der Stadt stiegen wir bei der Granville-Station 20 Meter unter die Erde und stiegen in den Sky-Train Richtung Osten. Hier steht die Welt noch Kopf, nach einer Station verliessen wir die Luftpost wieder und gingen hinunter nach China-Town. Aber es regnete nun sehr stark und es wurde schon bald 19 Uhr, viel war nicht los. Als wir die Hastings Street erreichten waren wir auch plötzlich mitten in der verarmten Gegend von der Stadt. Dichtgedrängt schon standen Menschen unter den Markiesen, schlecht gekleidet, schlechte Zähne, schlechte Haltung. Nur wenige Blocks entfernt vom geregelten Großstadtleben, ganz schön krasser Unterschied.

Wir traten aus dem Regen in eine Mall, denn Hunger kam auf. Dort nahm der Appetit schnell das Aussehen von Burritos an, mit Rind oder Bohnenpaste gefüllt. Draußen prasselte weiter fröhlich der Regen hernieder, wir entschieden uns für einen Abend an der Hostelbar. Dorten gab es gar grauseliges Winter-Bier, wir nahmen aus der Lobby noch acht Dosen Moosehead mit, es war ein Sonderangebot inkl. Kühltasche. Ende der Durchsage!
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