Icefields Parkway

Veröffentlicht auf von Nadja + Reinhard

06. Juni -Nadja-

Obwohl die Nacht im Motel wirklich erholsam war, freute sich die Reisegruppe sehr, Golden wieder verlassen zu können. Die 4000 Seelen hier kafften einfach. Wir hatten immerhin unsere 8 Stunden Schnarch bekommen und eine heiße Brause mit gratis Igitt-Gefühlen der Badewanne gegenüber war auch mit im Paket. Jetzt wollten wir endlich die Rockies sehen, nicht nur graues Vorgebirge. Der Weg führte uns den Highway 97 hinan gen Osten Richtung Jasper. Auf diesem Weg fuhren wir durch den Yoho National Park und nahtlos dahinter schloss sich der Jasper National Park an. Zwischendurch überquerten wir noch die Grenze nach Alberta und kamen dadurch sogar in eine andere Zeitzone. Von der Pacific zur Mountain Standard Time. Da waren wir Europa wieder eine Stunde entgegengefahren.

Hinter Golden kam lange Zeit erstmal nichts sehr Aufregendes. Nur dass die Straße stets genan führte war erwähnenswert. Die Berge um  uns rum wurden höher und mehr und mehr bekamen weiße Eiskappen. Die Straße war gesäumt mit hohen Pinien und im Wind glänzenden und flatternden Birken. Wir fuhren am Eingang des Yoho National Parkes vorbei, Reinhard wusch mit dem rationierten, weil mitgeführtem, Kanister-Wasser die vorderen Scheiben und ich fotografierte die Schilder des Parkes. Wir wollten ja hinterher wissen, wo wir waren. Wir stießen noch auf einen kuriosen Aufkleber auf einer der bärensicheren Mülltonnen. Ein Zeichen, dass eigentlich nur eines bedeuten konnte: Dachse einwerfen verboten! Warum? Wieso? Und warum ausgerechnet Dachse und keine Eichhörnchen, beispielsweise?!

Auch auf dem nächsten Parkplatz trafen wir nur auf die obligatorischen Blockklohäuser und auf Schilder, auf welche mit groß- und kleinkalibrigen Waffen Schußübungen abgehalten worden waren. Wir verschwanden dort schnell. Dann tauchte das erste von vielen Wundern dieses Weges auf. Von der Straße ab ging der Weg zum Parkplatz der Einstiegssehenswürdigkeit; einem Wasserfall! Aber nicht etwa irgendeinem, dieser versprach laut Namen eine Natural Bridge. Wir waren neugierig und bogen ab. Auf einem Zeichen am Straßenrand konnten wir noch lesen, dass alle Besucher einen gültigen Pass für den Park benötigten. Wir hatten ja noch nicht mal ein Häuschen oder einen Parkranger erspäht. Die sollten wir wohl später antreffen. Der Wasserfall war gigantisch, nicht in der Höhe, aber durch die schiere Gewalt, mit der die milchigen Massen durch die enge Furt dröhnten. Im Laufe der Jahrtausende hatte sich das Wasser einen Durchbruch durch den harten Fels erkämpft, und tatsächlich; eine natürliche Brücke über dem lautesten, tosendsten Teil der Fälle war entstanden. Wir hatten uns gerade in Fotoposition gebracht, da tauchte eine indische? Familie auf und sämtliche männlichen Mitlieder mussten sich unbedingt beweisen, dass sie männlicher als alle anderen waren. Wie? Natürlich durch die sinnentleerte Aktion über genau dieses Wunder der Natur zu latschen und zu hüpfen. Das riss eine Weile nicht mehr ab und so warteten wir gezwungenermaßen auf das Ende der Zirkusnummer. Dann fotografierten wir die leersten Teile der wasserumspülten Felsen und machten uns auf den Weg via Zentrum der Rockies.

Auf der Mitte des Weges zwischen Yoho und Jasper Nationalpark, hielten wir in Fields. Hier gabs nicht viel zu erzählen, aber immerhin stand dort das Visitorzentrum, in dem wir ein Tagesticket für Yoho und Japer sowie den Icefields Parkway erstanden. Dieser führte uns vorbei an grandiosen Aussichten, dräuenden Felswänden, Dickhornschafen, milchig-blauen Flüssen und spiegelnden Seen. Soviele Fotos hatten wir schon seit langem nicht mehr gemacht, und dreiviertel davon aus dem Auto heraus. Wir konnten nicht für jeden hübschen Anblick anhalten, wir haben so schon für die 228 Km gute 3 1/2 Stunden gebraucht. Wir wurden denn auch viel überholt, aber wir sind ja im Urlaub und nicht auf der Flucht.

Bei Haltepunkt Nummer zwei, einem halb eingefrorenem See unterhalb des Crownest-Gletschers, trafen wir einen Mann mit seinem in Deutschland zugelassenen Motorrad. Reinhard fing ein Gespräch an, und ich musste mich erstmal der Meute herumlungernder Gletscherspatzen widmen. So gelassene und aufdringliche Vögel hatte ich selbst hier noch nicht erlebt. Kleine blau-schwarze und braune Federbälle saßen um das Auto herum und bettelten mich an. Na, die waren regelmäßige Fütterungen wohl gewohnt. Die Männchen machten einen wirklich drolligen Eindruck, von Zeit zu Zeit schienen sie sich zu verbeugen, spreizten dabei Flügel und Schwanzfeder auf und produzierten ein Geräusch wie von einem verstopften Wasserhahn, der Musik studiert hat.

Wir erfuhren von unserem wackeren Landsmann, er wäre auf dem Weg nach Edmonton, dort kenne er jemanden auf den er das Motorrad kanadisch melden könnte. OK, wir waren mal wieder beeindruckt. Die Strecke mit ner Zweirädrigen zu fahren ist dann doch ein Abenteuer. Wir wünschten uns gegenseitig viel Glück auf der weiteren Reise und bestiegen unsere jeweiligen Vehikel.

Ich kann hier unmöglich jede Sehenswürdigkeit des Weges aufführen, nur soviel sei gesagt: die Kamera habe ich die gesamte Zeit nicht aus der Hand gelegt. Hier ist jede Ecke schön und selbst der unbegabteste Fotograf kann durch simples in-die-Gegend-knipsen beeindruckende Landschaftsaufnahmen erstellen. Schööön!

Nur ein Highlight muss ich noch beschreiben; den Athabsca-Gletscher. An diesen kam man am höchsten Punkt des Parkways vorbei. Man kam sogar so nah ran, dass man zu Fuß auf den Gletscher steigen konnte. Ich konnte das natürlich nicht, aber Reinhard und die Kamera machten sich auf den Weg und kamen nach einiger Zeit mit roter Nase und schönen Bildern voller weißem Eis und blauen Himmel wieder. Ich bestaunte das Ungetüm vom Parkplatz aus. Der Gletscher war auch wahrlich groß genug dafür, immerhin speiste er 5 Flusssysteme alleine durch sein Schmelzwasser, darunter auch den Fraser River. Wirklich kein kleiner Strom! Schnell beschreiben ließ sich der Gletscher nun auch nicht, dafür war er zu beeindruckend. Über 3 oder 4 Bergrücken zog sich die Eismasse und türmte sich auf mehrere dutzend Meter oder mehr auf. WOAH!

Sonst bestaunten wir auch noch die Klohäuschen mit 8fach Rollenhaltern und machten uns danach wieder auf die Gummisocken gen Jasper. Abends gegen halb 9 fanden wir das HI (Hosteling International) trotz seiner recht versteckten Lage außerhalb der Stadt. Eigentlich war Jasper auch keine Stadt sondern eher ein teures Dorf mit einheimischer Population von vielleicht 4000 Leuten die im Sommer sprunghaft auf 20.000 steigt, dank all der einfallenden Touristen. Das Hostel war denn auch eher klein und Privaträume waren leider keine mehr vorhanden. Selbst die Dorms (Schlafräume für mehrere Leute) waren gut ausgebucht. Wir hatten keine Energie mehr, noch eine andere Unterkunft zu suchen und bestellten 2 mal Massenchchrrrr... Mit einem Blick auf mein Bein bekam ich das letzte untere freie Bett in den Doppelstockunterkünften. Natürlich lag das mitten im Raum mit Blick auf die Tür, die auch nachts nicht geschlossen wird und somit mit freiem Blick auf den beleuchteten Flur. Dafür war meine funky Überdecke mit einem Druck des Weihnachtsmannes geschmückt. Yeahhh. Reinhards Bett habe ich nicht sehen können, das lag in einem anderen Dorm. Bei mir schliefen nur Frauen, Ray lag im gemischten Salat. Zum Abendbrot gabs in der Hostelküche gebratene Nudelpfanne mit Schweinefleisch und die abendliche Unterhaltung lieferten wir uns mit einem anderen deutschen Paar. Traudel und Peter waren schon etwas länger auf der Welt als wir und hatten ihren Kanadaurlaub in Calgary gestartet. Davor waren sie jetzt grade auf der Flucht und wollten Richtung Vancouver Island. Na, da hatten wir natürlich viel zu erzählen und der Abend wurde lang und sehr, sehr nett. Mit leichtem Kopf und schweren Gliedern verabschiedeten wir uns um halb eins in die Kojen. Gute Nacht.
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H
Wollte schon immer mal ein Federknäul hören&sehen, welches Geräusche von sich gibt wie ein verstopfter Wasserhahn, der Musik studiert hat. Nennt mich leicht beeindruckbar;) Hoffe ihr habt auch von dem Viehzeugs Bilder.
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